Stammtisch Verkehr

Verkehrspolitik und Fahrradförderung in Offenbach

ANNETTE SCHAPER-HERGET

von Kai Kotzian

Kai Kotzian

Kai Kotzian ist Mitglied der Volt-Partei und will auf der Liste der PIRATEN Offenbach kandidieren. Er interessiert sich für Verkehrspolitik und Fahrradförderung in Offenbach und engagiert sich beim Radentscheid Offenbach. In diesem Beitrag stellt er verschiedene Forderungen für die Verkehrspolitik in Offenbach auf, die von seinen Parteikollegen von Volt und von uns PIRATEN Offenbach zum großen Teil unterstützt werden. Wir sind uns einig, dass wir die Forderungen des Radentscheids unterstützenswert finden.



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Mobilität in Offenbach mit Zukunft

Eine Stadt lebt davon, dass sie lebenswert ist. Sie floriert, wenn sie für alle unterschiedlich mobilen Bürger gut erreichbar und die Flächen nutzbar sind. Ein wesentlicher Beitrag dazu ist die Verkehrsinfrastruktur und ihre positive Interaktion mit der Umwelt. Wir von Volt fordern eine integrative und flexible Mobilität, die den Fokus auf einen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und eine lokale emissionsfreie Bewegung zu Fuß und mit dem Fahrrad neben anderen Fortbewegungsmitteln fördern.  Hier sind wir uns mit den PIRATEN einig.

Integration heißt für uns, dass ein Verkehrsteilnehmer nicht zum Nachteil anderer dominiert und niemand zurückgelassen wird, auch keine Behinderten, Fußgänger und Radfahrer. Teilhabe heißt: Alle müssen berücksichtigt werden. Dafür benötigt es ein integriertes Gesamtkonzept, bei dem verschiedene Maßnahmen und Angebote zur Mobilität ineinander greifen.

Die Umwelt als Lebensraum von Mensch und Tier darf dabei nur in einem Maße belastet werden, dass die Folgen vertretbar sind und sowohl Unfälle als auch Krankheiten auf ein Minimum reduziert werden. Eine Stadt muss von Anfang an in der Planung Umwelt- und Sicherheitsaspekte berücksichtigen und so angelegt sein, dass sie die Menschen zur gesunden Bewegung motiviert.

Wir, Volt und Piraten, möchten ein System fördern, bei dem eine regelmäßige Überprüfung der Maßnahmen und Integration zu einer Anpassung an neue Gegebenheiten und Erkenntnisse führt. Ein digitales Curbside-Management sehen wir hier als eine mögliche unterstützende Option. Die Stadt dient dem Menschen als Lebensraum. Wir möchten ihn als solchen behandeln, planen und entwickeln. Andere Städte Europas wie Amsterdam, Kopenhagen, Barcelona und nicht zuletzt Helsinki sind für uns Vorbilder. Lasst uns gemeinsam Mobilität neu denken.

Curbside / Bordsteinseite
Unter Curbside Management versteht man eine
aktive Verwaltung und Planung der gesamten
öffentlichen Flächen abseits des Fahrweges für
die KFZ.

Hier einige Beispiele: Die Stadtverwaltung plant
Logistik-Hubs. Auf diesen Plätzen stehen z.B.
Packstation der Deutschen Post oder andere
Anbieter. Anwohner in unmittelbarer Umgebung
werden nicht mehr zur Haustür beliefert.

Die Stadt plant vor jedem dritten Geschäft im
Innenstadtbereich Fahrradbügel. Ebenso werden
Plätze gesucht und bestimmt um Lastenräder abzu-
stellen. Es werden Kooperationsverträge mit
privaten Parkhäusernbetreibern abgeschlossen
um dort Fahrräder und Lastenräder abzustellen.

Das Verkehrsgeschehen der Fußgänger und
Radfahrer wird ständig beobachtet und in einem
Rhythmus, z.B. im Quartal, werden Rückschlüsse
gezogen und Veränderungen bestimmt. Die Aktivität
der Verwaltung ist hier der Schlüssel. Es wird nicht
erst auf Beschwerden von Fußgängern Radfahrern
gewartet, oder auf den Bericht der Polizei wo
Unfälle passiert sind.

Auto

Warum ein gerechter Umgang mit dem Auto – Radverkehrsförderung sein kann:
Autos sind der Inbegriff von Mobilität und Eigenständigkeit. Allerdings bringen sie im urbanen Umfeld viele Nachteile mit sich, wie zum Beispiel Luftverschmutzung, Umweltbelastung, Lärmbelästigung, einen hohen Platzverbrauch (weniger als 10 % aller Fahrzeuge bewegen sich gleichzeitig), Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer und ein unästhetisches Stadtbild./1/ Ich plädiere dafür, dass der Autoverkehr und damit die einhergehenden negativen Auswirkungen reduziert werden. In den Städten soll der ÖPNV und ein emissionsfreier Verkehr mit Fahrrädern einen größeren Stellenwert als der Autoverkehr einnehmen. 

Sicherheit für Fußgänger
Um die Verkehrssicherheit schwächerer Verkehrsteilnehmer zu erhöhen, plädieren wir für ein konsequentes Tempolimit in der Stadt von 30 km/h, für größere Verkehrsadern von 40 km/h. Auf allen anderen Straßen soll die Geschwindigkeit auf eine Höhe festgesetzt bleiben, die Umweltschäden und Gefährdung von Fußgängern möglichst minimiert. In Wohngebieten soll die Straße wieder den Kindern und Anwohnern gehören (8 km/h Spielstraße). Barcelona hat es mit den Superblocks, oder wie es dort heißt „Superilles“, vorgemacht./2/ Ich nenne es „Insel des Glücks“ („Illes“ = Insel). Auch die Offenbach-Post berichtete am 1. August 2020 davon./3/ Und der Erfolg des Verkehrskonzepts in Helsinki hat uns 2019 gezeigt, dass Verkehr auch ohne Tote Fußgänger und Fahrradfahrer auskommen kann.
Um die Maßnahmen durchzusetzen, sollen vermehrt Kontrollen durchgeführt und Verstöße konsequenter geahndet werden, insbesondere solche, die andere Verkehrsteilnehmer gefährden (Überfahren einer Ampel bei rot, unzureichender Abstand zu Radfahrenden, überhöhte Geschwindigkeit, Drängeln und risikoreiches Fahren).

Verkehrswende
Des Weiteren bin ich davon überzeugt, dass die Zukunft des Autos dem Elektromotor gehört. Für Plug-In Fahrzeuge (also keine Hybride mit Verbrennungsmotor) sollte es über einen begrenzten Zeitraum von 8 Jahren kostengünstigere ausgewiesene Parkplätze mit Ladesäule geben, die ausschließlich oder zeitweise Elektrofahrzeugen vorbehalten sind. Das Management der Parkplätze und sonstigen durch Dritte verwertbaren Freiflächen können durch ein digitales Curbside-Management unterstützt werden. 
Offenbach muss endlich Wohngebiete ausweisen, in denen eine Parkraumbewirtschaftung eingeführt wird. Mit einem Anwohnerparkausweis, der 60 Euro im Monat kostet, sollte der Käufer einen Gutschein für ein RMV-Ticket erhalten, dass ihm die Nutzung des ÖPNV der Stadt kostenlos ermöglicht.

Schutz der Gesundheit
Die Geschwindigkeit an sich ist nicht alleinig ausschlaggebend für eine bessere Luftqualität. Stattdessen hat die Beschleunigung und der damit einhergehende Reifenabrieb wesentliche negativere  Auswirkungen auf die Feinstaub-Emissionen./4/ Für eine bessere Luftqualität gilt es daher einen möglichst stetigen Verkehrsfluss zu garantieren, der Be- und Entschleunigung minimiert. Des Weiteren führen Stickoxide zu aggressiveren Pollen, sodass es für Allergiker in der Stadt meist beschwerlicher als auf dem Land trotz weniger Pflanzen. /5/ Die Reduktion der Stickoxide muss also ein gewichtiges Ziel der Verkehrsplanung sein.

Eine City-Maut kann dabei helfen, den Verkehr und die Umwelt- und Gesundheitsbelastung in der Innenstadt zu regulieren. Allerdings stehen dem große Herausforderungen bei der Umsetzung und hohe administrative Kosten gegenüber. /6/ Insbesondere die Einbeziehung von Bundesstraßen im Ring (Taunusring, Odenwaldring, Spessarting, Röhnring) in die Mautzone, welche stark befahrene Verkehrsadern in Offenbach darstellen, stellt sich aufgrund der aktuellen Gesetzeslage als schwierig heraus. Daher setzt Volt sich für eine Prüfung und Kosten-Nutzen-Rechnung eines solchen Konzepts ein. Statt der City-Maut setzt Volt den Fokus auf ein attraktives ÖPNV-Angebot.

Fahrrad

Das Fahrrad spielt neben dem ÖPNV eine Schlüsselrolle in der städtischen Mobilitätsswende, und deswegen wollen Volt und die Piraten Offenbach zu einer fahrradfreundlichen Stadt machen. Wir unterstützen die Anliegen des Bürgerentscheides Radverkehr. In Europa gibt es einige vorbildliche Städte, wie zum Beispiel Kopenhagen, Utrecht und Amsterdam von denen Offenbach lernen kann.
Um mit dem Fahrrad schnell und unkompliziert zwischen Stadtgebieten wechseln zu können, wollen wir mehr bauliche getrennte Radwege, die durchgängig zu verbinden sind. Neben den innerstädtischen Fahrradstraßen gilt es auch, die Infrastruktur ins Umland zu stärken. Kreuzungsarme Radschnellwege sind hier das Non Plus Ultra.

Wir unterstützen  gemeinsam die Schaffung von mehr Park-Kapazität für Fahrräder, auch in öffentlichen Parkhäusern. Es sollen einfach nutzbare Fahrradparkplätze entstehen, auch für Lastenräder. Durch solche Maßnahmen wird die Innenstadt autofreier und insgesamt zu einem attraktiveren Ort zum Verweilen für Bürger und Bürgerinnen, wovon wiederum auch Geschäfte direkt profitieren, da der Umsatzanteil von radfahrenden Kunden höher ist, als der von autofahrenden Kunden./7/

Verkehrswende

Verkehr wird in Deutschland, auch in Offenbach, immer noch von Autos dominiert. Auch wir sind Autofahrer, aber unsere Überzeugung ist, dass Autos nicht das geeignete Verkehrsmittel für verdichtete Innenstädte sind. Wir fordern eine Verkehrswende, welche die Integration und Gleichberechtigung verschiedener Verkehrsmittel, insbesondere in der Innenstadt, in den Vordergrund stellt. Verkehrsteilnehmer, besonders Fahrradfahrer und Fußgänger, dürfen durch andere Verkehrsteilnehmer (wie z.B. Autos) keine Nachteile erfahren. Wir sind, was den offenbacher Innenstadtverkehr betrifft, für eine Abkehr von der Auto-Dominanz. Dafür müssen attraktive Angebote, wie wir sie hier aufführen, den Bürgern den Umstieg erleichtern.

Wichtig ist uns, dass eine sichere Teilhabe am Straßenverkehr für alle Bürgerinnen und Bürger, auch denen mit körperlichen Behinderungen, möglich ist, unabhängig vom gewählten Fortbewegungsmittel. Damit ist gemeint, dass das Fahren mit dem Fahrrad nicht gefährlicher sein darf, als die Fahrt mit dem Auto. Die Sicherheitskluft zwischen Autos und schwächeren Verkehrsteilnehmern wie Fußgängern und Fahrradfahrender muss also soweit wie möglich reduziert werden. Schon beim Straßenbau muss die Sicherheit der Fußgänger und Fahrradfahrenden im Fokus liegen, um von Anfang an eine sichere Fahrt zu gewährleisten.Deshalb ist innerhalb der Stadtverwaltung ein Mobilitätsdezernat zu schaffen, welches die Stadtpolizei, das Straßenverkehrsamt und den ÖPNV-Anbieter (NIO, OVB) umfasst. Planung und Kontrolle des Verkehrs aller Modalitäten muss in einer Hand liegen. (Modalität: PKW, Fahrrad, Fußgänger, Bus, Straßenbahn).

ÖPNV

Der ÖPNV ist nicht nur umweltfreundlicher als das Auto, sondern trägt auch zu einem schöneren Stadtbild mit höherer Lebensqualität bei. Straßenzüge ohne parkende Autos mit Banken und sich dort bewegenden Menschen ist keine Sozialromantik, sondern lebenswerte Innenstadt. Wir setzen uns daher dafür ein, die Attraktivität des ÖPNV zu steigern, damit mehr Menschen vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Die jetzigen Ticketpreise sind zu hoch. Daher setzen wir uns dafür ein, dass geprüft wird, inwiefern der ÖPNV über eine Bürgerabgabe als prozentuale Abgabe vom Einkommen finanziert werden könnte (so wie Müllgebühren oder Anliegerbeiträge // für Personen mit dem Erstwohnsitz in Offenbach).

Falls eine solche Bürgerabgabe keine rechtliche zulässige Lösung darstellt, soll geprüft werden, ob nicht das Offenbacher Gewerbe eine Nahverkehrsabgabe zahlt, wie es schon in Frankreich gang und gäbe ist. /8/
Falls eine solche Abgabe auch keine gute Lösung sein sollte, gilt es ein günstiges Jahresticket von beispielsweise 50 Cent pro Tag anzubieten. /9/
Die Piraten fordern seit Jahren kostenlosen öffentlichen Nahverkehr. Preissenkungen sind erste wichtige Schritte zu diesem Ziel. Volt findet die Forderung der Piraten für einen kostenlosen Nahverkehr gut, wir sehen das jedoch als übernächsten Schritt.

Anmerkungen

/1/ “Zu Spitzenstunden sind nie mehr als 10 % der Fahrzeuge gleichzeitig unterwegs” (Mobilität in Deutschland MiD – Ergebnisbericht, Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Dezember 2018, https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/G/mid-ergebnisbericht.pdf?__blob=publicationFile, S. 5)

/2/ Hier ist das Konzept der Superblocks in Spanien erklärt: https://enorm-magazin.de/gesellschaft/urbanisierung/superblocks-von-barcelona

/3/ https://www.op-online.de/offenbach/radentscheid-will-offenbach-fahrradfreundlicher-machen-90016018.html

/4/ Fahrzeug-Emissionen bei 30km/h und 50km/h” von 2019 des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags,  https://www.bundestag.de/resource/blob/670978/11c58eeb3377baed5971fee5a17e2b72/WD-8-102-19-pdf-data.pdf

/5/ NDR Doku, 45min,“Allergien auf dem Vormarsch” https://www.youtube.com/watch?v=jAiTKym_qP4, “Pollen werden offenbar aggressiver, je mehr Stickoxyde in der Luft sind und wenn die Ozonwerte steigen.“, Minute 18:17

/6/ “PKW-Maut in Deutschland? Eine umwelt- und verkehrspolitische Bewertung”, Umweltbundesamt https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/3929.pdf

/7/ “Fahrrad und Einkaufen – eine gewinnbringende Ergänzung”, Deutscher Städte- und Gemeindebund, https://www.dstgb.de/dstgb/Homepage/Schwerpunkte/Mobilit%C3%A4t/Radverkehr/Fahrrad%20und%20Einkaufen%20%E2%80%93%20eine%20gewinnbringende%20Erg%C3%A4nzung/

/8/ Dieses Konzept kann man hier nachlesen: https://bw.vcd.org/fileadmin/user_upload/BW/Verbaende/Stuttgart/Anlage_2_Nahverkehrsabgabe.pdf – siehe Abschnitt „I. Das französische Modell – die Versement transport“

/9/ Mit dem 50-Cent-Ticket ist nur die Nutzung der Busse möglich, da die S-Bahn höhere Kosten verursacht und nicht von der OVB betrieben wird.

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