Corona-Folgen Stammtisch

Circus Barus – ein Beispiel für Solo-Selbstständige in Not!

Im Februar 2020, als sich noch kaum jemand Sorgen wegen Corona machte, kam wie jedes Jahr der Circus Barus nach Offenbach. Die Saison 2020 sollte bei uns beginnen, Vorstellungen waren geplant vom 6. bis 22. März. Aber es kam die Corona-Krise und ab dem 17. März ging nichts mehr: Aufführungsverbot und keinerlei Einnahmen! Und als ob das noch nicht genug wäre, schickte die Stadt einen Räumungsbeschluss: Der Zirkus sollte innerhalb von 24 Stunden verschwinden, andernfalls würde ein Ordnungsgeld von 500 Euro pro Tag verhängt. Begründet wurde dies damit, dass die Tierhaltung nicht tierschutzgerecht sei, allerdings hatte die Stadt das bis dahin noch gar nicht überprüft.

Die Zirkusfamilie legte umgehend Widerspruch ein, und die Medien berichteten. Nach dieser öffentlichen Empörungswelle überprüfte das Veterinäramt die Tierhaltung, befand, dass sie einwandfrei sei, und die Stadt nahm den Räumungsbescheid zurück. Nachzulesen in vielen Medienberichten:

FR 26.03.20, FR 02.04.20, ZDF 04.04.20, OP 13.06.20, FAZ 28.06.20, FR 31.07.20

Corona-Krise schafft prekäre Lebensverhältnisse

Nun ist der Zirkus immer noch bei uns. Die Sozialhilfe kommt von der Heimatgemeinde, nicht von der Stadt Offenbach. Aber viele Offenbacher helfen und spenden, mit Sachmitteln, Tatkraft und Geld. Wenn die Hilfe weitergeht, schaffen wir es, den Circus hier überleben zu lassen.
Der Circus ist nur eins von vielen Beispielen, wie Solo-Selbstständige, Kleinunternehmer, Künstler und Freischaffende von jetzt auf gleich in Not geraten sind.

In diesem FAZ-Artikel finden sich Beispiele mit persönlichen Berichten: Es trifft Musikerinnen, Bühnenkünstler, Fotografen, Drehbuchautorinnen, Kunsthandwerker, Nachhilfelehrer, Eventmanegerinnen, Reiseveranstalterinnen und viele mehr. Sie leben von Auftragshonoraren, Unterricht und Aktivitäten, die viel mit Menschenkontakten zu tun haben. Für 2020 geplante Veranstaltungen mussten fast alle abgesagt werden. Manche Karrieren geraten ins Stocken. Miete muss bezahlt und der Kühlschrank muss gefüllt werden. Aber dafür sind die Soforthilfen ausdrücklich nicht vorgesehen, die sind nur für Zahlungsschwierigkeiten im betrieblichen Zusammenhang. Für den Lebensunterhalt müssen die Betroffenen Hartz IV beantragen. Da wird dann schon mal angesagt, dass sie erst mal die Ersparnisse für das Alter aufbrauchen oder das Haus verkaufen müssen, wenn sie eins haben.

Auch in der Künstlerstadt Offenbach greift die Not um sich. Unser Kulturleben ist ja sehr reichhaltig, dank der vielen Kreativen, die sich hier entfalten. Aber schon vor Corona haben viele von ihnen sich finanziell gerade so über Wasser gehalten. Viele von ihnen sind Künstler aus Leidenschaft, die nicht deshalb arbeiten, weil sie viel Geld verdienen wollen, sondern weil sie sich kreativ verwirklichen wollen. Aber auch sie müssen ihre Lebenshaltungskosten bezahlen.

Bedingungsloses Grundeinkommen: in der Krise wichtiger denn je

Wir PIRATEN sind für ein bedingungsloses Grundeinkommen (Helge Herget zu BGE). Es würde in Krisen das Überleben erleichtern, es würde vielen Leuten eine Existenzgrundlage bieten, auf der sie sich entfalten und fortbilden könnten und es würde viel Bürokratie abbauen. Es verstößt gegen die Menschenwürde, wenn jemand nur noch als Bittsteller überleben kann, oder indem er zu schlecht bezahlte Jobs annehmen muss. Leute, denen ein BGE nicht genug ist, würden dazuverdienen.

Wir wissen, dass die Stadtverordnetenversammlung Offenbach nicht die Macht hat, ein BGE einzuführen. Wir müssen aber gemeinsam überlegen, wie wir die kreative Szene in Offenbach retten können, wie wir unseren Solo-Selbstständigen und Freiberuflern möglichst unbürokratisch helfen können. Ein Teil der Soforthilfen muss auch zur freien Verwendung bestimmt sein. Vor allem müssen auch Ungerechtigkeiten bei den Soforthilfen abgebaut sein. Die Lufthansa-Rettung wird auch aus unseren Steuergeldern bezahlt, warum nicht auch Hilfen für die „kleinen“ und unbekannten Mitbürger und Mitbürgerinnen?

Die Stadt Offenbach hat Notfallfonds mit Einmalhilfe für freie Kultureinrichtungen eingerichtet, was wir begrüßen. Doch dies ist nicht genug, auch bei diesen Fonds fallen die einzelnen Freiberufler noch durchs Raster.

Am Freitag, dem 7. August, 19:00 Uhr planen wir wieder unseren Stammtisch und zwar dieses Mal als Besuch mit Picknick beim Circus Barus auf dem Clariant-Gelände (zwischen OF-Ost und Bürgel). Thema ist: “Die Not der Solo-Selbstständigen in der Corona-Krise am Beispiel des Circus Barus”. Wir bringen Getränke und Proviant mit, die Circus-Leute freuen sich auf uns und wünschen sich eine Spende.  Wir freuen uns über alle Interessierten, die mitdiskutieren wollen.

(Bitte seid vorsichtig wegen Infektionsgefahr und haltet Euch an die Abstandsregeln.)

Links zum Thema Not der Solo-Selbständigen:

Eine Petition, FAZ 06.04.20, OP 16.04.20, Zeit 4.06.20, Spiegel 16.05.20, FAZ 21.05.20, HB 12.06.20,

1 Kommentar zu “Circus Barus – ein Beispiel für Solo-Selbstständige in Not!

  1. Annette Schaper-Herget

    Leider müssen wir das Picknick verschieben, weil in Offenbach die Corona-Fallzahlen gestiegen sind. Wir werden stattdessen eine Spende überreichen und den Termin demnächst nachholen.

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